Rezensionen Thriller

Holly Jackson: Not quite dead yet

Inhalt von „Not quite dead yet“

Jet ist die Tochter einer der reichsten Familien in Woodstock, Vermont. Mit 27 Jahren wartet sie immer noch darauf, dass ihr Leben endlich beginnt. „Das kann ich später noch machen“, sagt sie immer. Denn Jet hat Zeit.

Bis zu jener Halloween-Nacht, als sie von einem unsichtbaren Eindringling brutal angegriffen wird.

Dabei erleidet Jet eine schwere Kopfverletzung, und die Ärzte sind sich sicher: In spätestens einer Woche wird ein tödliches Aneurysma Jet umbringen.

Jet hätte nie gedacht, dass sie Feinde hat. Doch plötzlich sieht sie alle Menschen in ihrem Umfeld in einem neuen Licht: ihre Familie, ihre ehemalige beste Freundin, die jetzt ihre Schwägerin ist, ihren Ex-Freund.

Sie weiß, ihr bleiben höchstens sieben Tage. Tage, in denen sich ihr Zustand verschlechtert und nur Billy, ein Freund aus Kindertagen, an ihrer Seite ist. Dennoch ist sie fest entschlossen, endlich etwas zu Ende zu bringen: Jet wird ihren eigenen Mord aufklären.

Meine Meinung

Not Quite Dead Yet von Holly Jackson ist ein Thriller mit einer extrem starken Grundidee, der sofort neugierig macht und einen schnell in seinen Bann zieht. Jet Mason ist 27, stammt aus einer der reichsten Familien in Woodstock, Vermont, und lebt ihr Leben im ständigen Aufschub. Alles kann sie später noch machen, denn sie glaubt, Zeit zu haben. Bis zu jener Halloween-Nacht, in der sie brutal angegriffen wird. Sie überlebt knapp, doch die Diagnose ist eindeutig: Ein tödliches Aneurysma wird sie innerhalb von sieben Tagen umbringen. Keine Rettung, kein Aufschub mehr.

Was folgt, ist ein Wettlauf gegen die Zeit, der gleichzeitig Thriller, Charakterstudie und existenzielle Frage ist. Jet beschließt, ihre verbleibenden Tage nicht mit Warten zu verbringen, sondern mit Handeln. Wenn sie ohnehin sterben wird, dann will sie zumindest herausfinden, wer versucht hat, sie zu töten. Plötzlich wird ihr gesamtes Umfeld verdächtig: die eigene Familie, alte Freundschaften, der Ex-Freund, Menschen, von denen sie nie gedacht hätte, dass sie ihr schaden wollen. Nur Billy, ein Freund aus Kindertagen, bleibt an ihrer Seite, während Jets Zustand sich zunehmend verschlechtert.

Holly Jackson erzählt diese Geschichte rasant, mit kurzen Kapiteln, viel Tempo und einem sehr präsenten inneren Monolog der Protagonistin. Jets schwarzer Humor, ihre sarkastische Art und diese „Jetzt-erst-recht“-Haltung machen sie zu einer ungewöhnlichen Ermittlerin. Man begleitet sie gerne, auch wenn sie nicht immer sympathisch ist. Gerade diese Ecken und Kanten passen jedoch gut zu ihrer Situation: Jet hat nichts mehr zu verlieren und nimmt darauf keine Rücksicht. Gleichzeitig schwingt unter all dem Zynismus eine große Verletzlichkeit mit, die die Geschichte emotionaler macht, als man zunächst erwartet.

Allerdings verlangt der Roman stellenweise eine gewisse Bereitschaft, Logiklücken und Unwahrscheinliches zu akzeptieren. Jets körperliche Verfassung und das, wozu sie trotz schwerer Kopfverletzung fähig ist, wirkt nicht immer glaubwürdig. Auch der Ton schwankt teilweise zwischen erwachsenem Thriller und Jugendroman, was vor allem Leserinnen und Leser auffallen dürfte, die Holly Jacksons YA-Bücher kennen. Die Vielzahl an Verdächtigen und Nebenhandlungen sorgt zwar für Spannung, wirkt an manchen Stellen aber etwas überladen, sodass nicht jede Entwicklung die gleiche Tiefe bekommt.

Trotzdem bleibt die Geschichte bis zum Ende fesselnd. Die Atmosphäre der Kleinstadt, in der jeder jeden kennt und Geheimnisse unter der Oberfläche brodeln, funktioniert sehr gut. Die Auflösung ist schlüssig, wenn auch für manche vielleicht weniger überraschend als erhofft, dafür emotional sauber vorbereitet. Besonders stark ist die leise Botschaft des Buches: darüber, wie selbstverständlich wir Zeit verschwenden, Beziehungen vertagen und Träume aufschieben, bis uns plötzlich klar wird, dass „später“ kein Versprechen ist.

Not Quite Dead Yet ist kein perfekter Thriller, aber ein sehr unterhaltsamer, ungewöhnlicher und stellenweise berührender Roman. Wer Spannung mit Zeitdruck, bissigem Humor und einer unkonventionellen Hauptfigur mag und bereit ist, ein paar unrealistische Momente in Kauf zu nehmen, wird hier viele packende Lesestunden erleben.

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